Das Coronavirus SARS-CoV-2 hat uns auch im zweiten Jahr immer noch fest im Griff. Die vierte Welle schwappt über uns herein und die Diskussionen über Schutzmaßnahmen immer heftiger. Darunter ein leider noch immer ziemlicher Geheimtipp – nitratreiche Gemüseernährung. Viel Gemüse essen – etwas, das eigentlich mittlerweile zum Einmaleins der gesunden Ernährung zählt. Im Zusammenhang mit COVID-19 zeigt sich wieder einmal mehr, warum es so immens wichtig ist, dass wir darauf achten, was wir essen.

Die Rolle von Stickstoffmonoxid bei COVID-19

SARS-CoV-2 besiedelt zunächst die Atemwege, breitet sich hier von oben nach unten aus und führt im ungünstigen Fall zu einer akuten Verschlechterung der Atemsituation. Von den Atemwegen breitet sich das Virus auf den ganzen Körper aus und führt hier unter anderem zu einer Endothelitis – einer Entzündung des Endothels, der inneren Schicht unserer Blutgefäße (mehr dazu hier……) Gesunde Endothelzellen können Stickstoffmonoxid (oft abgekürzt NO) produzieren. Dieses Molekül ist notwendig für die Erweiterung der Gefäße, verhindert die Verklumpung von Blutplättchen und sorgt so für funktionierende Gefäße. Bei einer Entzündung des Endothels durch SARS-CoV-2 kann dieses Stickstoffmonoxid nicht mehr produziert werden – die Wahrscheinlichkeit für ein thrombotisches Ereignis steigt massiv an. Das heißt es bildet sich ein Blutpfropf, der das Gefäß akut verstopft. Passiert das zum Beispiel im Herzen, hat man einen Herzinfarkt.

Das ist auch der Grund, warum Personen mit vorgeschädigtem Endothel (bei Diabetes, Bluthochdruck oder einfach durch das Alter) ein so viel höheres Risiko haben, schwer mit COVID-19 zu erkranken!

Man weiß heute, dass man durchaus Einfluss nehmen kann auf die Gesundheit des Endothels. Das wie ist kein großes Geheimnis – es ist nämlich einerseits körperliche Bewegung und andererseits die Ernährung. Nitratreiches Gemüse verbessert nachweislich die Verfügbarkeit von Stickstoffmonoxid – das nicht nur vom Endothel produziert wird, sondern auch selbst das Endothel gesund hält. Je gesünder als das Endothel, desto besser scheinen die Chancen zu sein eine Coronainfektion ohne Gefäßschaden zu überstehen.

Die Rolle von Stickstoffmonoxid in Zusammenhang mit COVID ist aber natürlich noch weitaus komplexer, denn Stickstoffmonoxid wirkt weiters auch regulierend bei Entzündungsprozessen. Das heißt, es sorgt einerseits dafür, dass eine angemessene Entzündungsreaktion stattfindet, wenn sie gebraucht wird. Zum Beispiel zur Abwehr von Bakterien und Viren. Aber andererseits verhindert Stickstoffmonoxid auch die überschießende Reaktion unseres Immunsystems, wie es zum Beispiel auch bei einem schweren COVID-Verlauf passiert (Stichwort „Zytokinsturm“ – eine schwerwiegende Überreaktion des Immunsystems). Eine ausreichende Stickstoffmonoxid-Produktion braucht unser Körper scheinbar um extreme Entzündungseffekte zu verhindern.

Stickstoffmonoxid wird also auch direkt zur Infektabwehr genutzt. Forscher konnten zeigen, dass durch Stickstoffmonoxid einerseits die Vermehrung von SARS-CoV-1 bremst und andererseits das Eindringen des Virus in die menschliche Zelle erschwert. Auch bei SARS-CoV-2 nutzt unser Immunsystem Stickstoffmonoxid: es reduziert die Ansteckungsgefahr für anderer Personen, unterstützt die Beseitigung der Viren im Körper und damit die Infektion wieder loszuwerden.

Weniger Coronatote in Japan – traditionelle japanische Ernährung als Grund?

Es hat sich gezeigt, dass die Sterberaten bei COVID-Erkrankten weltweit recht unterschiedlich ist. Hier fällt vor allem Japan auf: Denn obwohl die japanische Bevölkerung teilweise extrem dicht lebt, es keine Maßnahmen wie social distancing gibt und auch der Anteil an alten Menschen in der Population hoch ist hat Japan sowohl eine vergleichsweise niedrige Erkrankungsrate und vor allem auch niedrigere Sterberate. Dieses „Japan Paradoxon“ beschäftigt die Wissenschaft. Warum geht es den Japanern mit COVID so viel besser? Neben verschiedenen anderen Hypothesen, wie eine bestimmte genetische Ausstattung der Japaner, wird auch vermutet, dass die Ernährung eine wesentliche Rolle (mit)spielt: Denn traditionellerweise essen Japaner viel nitratreiches Gemüse – was zu einer verbesserten Stickstoffmonoxid-Verfügbarkeit führt. Das wiederum könnte über die verbesserte Endothelgesundheit (siehe oben) für die gute Infektlage in Japan zumindest mitverantwortlich sein.

Lifestyle-Maßnahmen zur Verhinderung einer (schweren) COVID-Erkrankung

Was kann also jeder von uns tun, um sich einerseits vielleicht gar nicht anzustecken oder im Ansteckungsfall die Erkrankung möglichst gut durchzustehen?

  1. Nitrat-Nitrit-Speichelkreislauf aktivieren

Durch nitratreiche Ernährung wird die Bereitstellung von Stickstofmonoxid verbessert. Nitrat aus Gemüse wird durch die Bakterien der natürlichen Mundflora in Nitrit umgewandelt, das wiederum im Körper genutzt wird um daraus Stickstoffmonoxid herzustellen. Nitratreich sind Rote Beete und grüne Blattgemüse (Spinat, Salat, Kohl, etc.).

  1. Bewegung, Bewegung, Bewegung!

Man kann es schon fast nicht mehr hören – aber Bewegung führt durch den mechanischen Reiz zu einer vermehrten Stickstoffmonoxid-Produktion in Gefäßen und Muskeln und damit zu einer verbesserten Infektabwehr.

  1. Nasenatmung

Schon mal darauf geachtet, wie du atmest? Die meisten wissen das gar nicht. Viele atmen aus Gewohnheit durch den Mund – das ist aber nicht natürlich. Physiologisch ist es, durch die Nase zu atmen. Hier wird einerseits die Luft angewärmt, angefeuchtet, gefiltert und vor allem wird auch hier Stickstoffmonoxid produziert! Nasenatmer haben nachgewiesenermaßen mehr Stickstoffmonoxid in den Atemwegen als Mundatmer. Diese Stickstoffmonoxid-Produktion lässt sich intereressanterweise durch Summen verstärken – das Summen lässt die Luft oszillieren zwischen den Nasennebenhöhlen und der Nasenhöhle. Das wiederum regt die Stickstoffmonoxid-Produktion an. Das könnte einen Einfluss darauf haben, wie gut Coronaviren bereits an der Eintrittspforte in den Körper – Mund und Nase – bereits abgewehrt werden können! Also, mal drauf achten, wie du atmest. Ein trockener Mund morgens ist übrigens ein Hinweis darauf, dass du mit offenem Mund schläfst.

Fazit: SARS-CoV-2 ist gefühlt mittlerweile überall. Was kann man noch tun, um sich zu wappnen? Das, was uns sowieso guttut: viel Gemüse essen, Bewegung machen, auf Nasenatmung achten. Alles Dinge, die man recht leicht selbst tun kann. Also, auf geht’s in den Supermarkt Gemüse kaufen!

 

Zum Nachlesen:

Why does Japan have so few cases of COVID-19? https://www.embopress.org/doi/full/10.15252/emmm.202012481

The role of NO in COVID-19 and potential therapeutic strategies https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7754882/

Blood nitrate and nitrite modulating nitric oxide bioavailability: Potential therapeutic functions in COVID-19 https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7377740/

Dietary nitrate in Japanese traditional foods lowers diastolic blood pressure in healthy volunteers https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/19887114/